Nationalsozialistischer Black Metal – der Teufel trägt Flecktarn (Teil 1)

Links “Absurd” im Jahr 2017: Hendrik Möbus, Sebastian Rast und zwei Muisker von “Barad Dûr”. Rechts: Eintrittskarten des “Hot Shower Fest” 2016. Man beachte das Hakenkreuz im oberen Teil.

Um sich vom Black-Metal-Mainstream abzugrenzen und den extrem rechten Bands dieses Genres eine Plattform zu geben, entstand in den Neunziger Jahren das Genre “National Socialist Black Metal”, kurz NSBM. Nur wenige Black-Metal-Bands beziehen sich heute explizit auf den NSBM. Andere wollen nicht in diese Schublade gesteckt werden, selbst wenn sie ausschließlich in diesem Milieu Konzerte geben. Für einige Bands ist das Spiel mit Nazi-Symbolen der Versuch einer Provokation, ein Element innerhalb der Darstellung als möglichst brutale, krasse und nihilistische “Untergrundband”.

Für einen nicht unerheblichen Teil dieser Szene ist es jedoch mehr als ein Spiel mit Symbolen. Vielmehr ist NSBM eine Nische, in der Hitler-Kult ausgelebt und die Verbrechen des NS-Regimes verherrlicht werden können. Die NSBM-Szene ist international bestens vernetzt und zu einem festen Bestandteil der neonazistischen Musiklandschaft geworden. Schon in den Neunzigern war eine Vermischung der Rechtsrockszene mit dem NSBM deutlich sichtbar. Musiker aus klassischen Rechtsrock-Bands fingen an, sich der NSBM-Szene anzunähern und unterhielten oft NS-Black-Metal-Bands als Nebenprojekte.

Für viele Neonazis ist Black Metal – und explizit NSBM – die einzig wahre Spielart, die die Ideen des Nationalsozialismus, die Überlegenheit der “weißen, arischen Rasse” und das eigene Elitebewusstsein musikalisch ausdrücken kann.

Auch weil die Behörden diese Szene völlig unterschätzen, Konzerte oft streng konspirativ veranstaltet werden und die Rolle des NSBM innerhalb einer internationalen, neonazistischen Vernetzung oft nur schleierhaft nachvollziehbar ist, widmen wir uns heute und morgen diesem Milieu.

Absurd – Mörder, Neonazis, Superstars?

Die 1992 in Sondershausen (Thüringen) gegründete Band “Absurd” gehört weltweit zu den einflussreichsten Protagonisten der NSBM-Szene. Die ursprüngliche Besetzung der Band bestand aus Hendrik “Jarl Flagg Nidhögg/JFN” Möbus, Sebastian Förster (geb. Schauseil) und Andreas Kirchner.

Ihren Status als “authentische” Band erreichte “Absurd” und deren Mitglieder nicht nur durch den Mord an einen 15-Jährigen Mitschüler im Jahr 1993, sondern vor allem durch ihr Engagement im Aufbau extrem rechter Strukturen innerhalb der Black-Metal-Szene. So gründete Hendrik Möbus nicht nur die “Deutsche Heidnische Front”, sondern war auch maßgeblich an der Strukturierung der international agierenden NSBM-Organisation “Pagan Front” beteiligt.

Der 1976 geborene Möbus saß für den Mord an Sandro Beyer bis 1998 in Haft, wo er die Band unter dem Namen “In Ketten” weiterführte. Als er nach seiner Entlassung gegen die Bewährungsauflagen verstieß, sollte er erneut in Haft. Dieser entzog er sich, indem er in die USA reiste, wo er u.a. auf der Farm des Neonazis William Pierce Zuflucht fand und dort für dessen “National Alliance” arbeitete. Zuvor hatte Möbus bereits das bis heute von ihm betriebene einflussreiche NSBM-Label “Darker than Black Records” ins Leben gerufen. Seine Produktionen vertrieb er auch über Mirko Hesses Label “Hate Records” in Sachsen. Hesse war nicht nur Kopf der sächsischen “Hammerskins”, sondern auch V-Mann des Verfassungsschutzes.

Im Jahr 2001 wurde Möbus wurde trotz eines Asylantrags an die deutschen Behörden ausgeliefert und kam in Haft. 2003 wurde er erneut zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.

Während Möbus’ Aufenthalt in den USA und seiner späteren Haft wurde “Absurd” durch seinen Bruder Ronald “Wolf” Möbus geführt, der auch bei der NSBM-Band “Heldentum” mitwirkte. Dazu kam Sven “Unhold” Zimper, der u.a. bei “Luror” und “Wolfsmond” spielte. Zimper betreibt heute in Tangerhütte (Sachsen-Anhalt) das rechte Label “W.T.C. Productions” (“World Terror Committee”) und ist bei der amerikanischen NSBM-Kultband “Grand Belial’s Key” als Sänger für Auftritte in Europa tätig.

Auch Denis Schoner aus Gera (Thüringen), genannt “Herr Rabensang”, saß bei “Absurd” lange Zeit am Schlagzeug. Sein Hauptprojekt ist allerdings die NSBM-Band “Totenburg”. Heute betreibt Schoner vor allem das Label “Hammerbund”. Der ebenfalls aus Gera stammende Jens Fröhlich war bei einigen Konzerten von “Absurd” als Gastsänger tätig. Er war Sänger der NSBM-Bands “Menneskerhat” und “Oigenik”/”Eurgenik”, Kader der “Blood & Honour”-Jugendorganisation “White Youth” in Thüringen und betreibt heute das NSBM-Label “Ewiges Eis Records”.

Bis 2012, als “Absurd” im italienischen Mailand ihren vorerst letzten Auftritt absolvierten, galten Sven Zimper und Ronald Möbus als “das einzig wahre Absurd”. Nach langer Schaffenspause kündigte Hendrik Möbus im Jahr 2017 an, die “Horde Absurd” von nun an selbst weiter zu führen – unter Ausschluss seines Bruders und Zimper.

Ihren ersten Auftritt in neuer Besetzung hatte die Band am 16. Dezember 2017 auf dem “Asgardsrei”-Fest in Kiew (Ukraine). Das Konzert, benannt nach einem Albumtitel von “Absurd”, wurde von bis zu 1500 Neonazis besucht und maßgeblich von der “Militant Zone” organisiert, einem Unterstützernetzwerk des faschistischen Freiwilligenbataillons “AZOW”. Bereits die Veranstaltung im Vorjahr war gut besucht, auch dutzende Neonazis aus Deutschland und Österreich nahmen teil. Hendrik Möbus wurde damals von den Veranstaltern als Ehrengast begrüßt, sein Auftritt mit “Absurd” im Jahr 2017 war also abzusehen.

Neben dem seit mehreren Jahren in Berlin lebenden Hendrik Möbus gehören der Band zur Zeit nicht nur Mitglieder der Thüringer NSBM-Band “Barad Dûr” an, sondern auch Sebastian Rast aus Wuppertal, der sich “Anzuz” nennt und bei “Absurd” die Gitarre spielt. Rast ist in der NSBM-Szene vor allem als Sänger und Gitarrist der Post-Punk-Band “Noxia” bekannt und bewegt sich ideologisch im Feld der “Neuen Rechten”. So schrieb er im Dezember 2017 einen Artikel für die neurechte Zeitschrift “Blaue Narzisse” aus Chemnitz. 2015 hielt er einen Vortrag bei einem Stammtisch der “Identitären Bewegung Westfalen”.

Als Live-Mitglied am Bass gehört auch der griechische Neonazi und “Chrysi Avgi”-Funktionär Thomas Kosmas, der unter dem Pseudonym “Commando Wolf” bekannt ist, zur aktuellen Besetzung von “Absurd”. Er spielte lange Zeit bei der international bekannten griechischen NSBM-Band “Der Stürmer”, betreibt das Label “Totenkopf Propaganda” und den Versandhandel “Frost and Fire” und gibt das Fanzine “Wallachian Tyrant” heraus. “Der Stürmer” ist Teil der “Pagan Front” und trat bereits vor einigen Jahren im Rahmen der “Totentanz Konzerte” in Tschechien auf. Auch an der Organisation dieser Konzertreihe ist Hendrik Möbus maßgeblich beteiligt, zuletzt in Form eines Konzerts mit “Permafrost” (Sachsen-Anhalt), “Noxia” (Nordrhein-Westfalen) und der polnischen Naziband “Selbstmord” im Mai 2017. “Der Stürmer” trat wiederum im Oktober 2017 in den Räumlichkeiten des Motorradclubs “Tanks MC” im sächsischen Erzgebirge auf.

Wie es mit “Absurd” weitergeht, wird sich spätestens 2018 zeigen. Geplant ist bisher ein Auftritt in Mailand (Italien) auf einem der europaweit größten Events der NSBM-Szene, dem “Hot Shower Fest”. Zum siebten Mal wird sich dort Anfang April 2018 die NSBM-Szene treffen, um nicht nur “Absurd”, “Velimor” (Russland) und “Stahlfront” zu sehen, sondern auch gemeinsam einen Abend lang Adolf Hitler mit “Winke Winke” – wie es in Konzertberichten umschrieben wird – zu würdigen.

Auch bei diesem Event hat Möbus seine Finger im Spiel. Gemeinsam mit “Il Colonnello”, dem Sänger der italienischen NSBM-Band “Frangar”, ist Möbus für die Logistik, das Booking und den Kartenvorverkauf zuständig. Über Möbus’ Onlineversand “Merchant of Death”, den er mit seiner Knastbekanntschaft Christian Schöndorfer in Berlin betreibt, wurden schon 2016 die rund 35 Euro teuren Tickets verkauft. Das deutsche NSBM-Fanzine “Ablaze”, für das Möbus schreibt, wird wohl ebenfalls beim diesjährigen “Hot Shower Fest” vertreten sein.

Auch unter dem Gesichtspunkt szeneinterner Streitigkeiten wird man den Werdegang der “neuen Absurd” verfolgen können. So kursierte für den 16. November 2017, als “Absurd” mit Möbus in Kiew auftraten, im Internet eine Ankündigung für ein Konzert von “Absurd” und “Totenburg”. Als Ort wurde “Live im Reich” angegeben. Die Ankündigung erwies sich als Fälschung, die Verfechter der “wahren Horde Absurd” verbreitet hatten.

Ein unvollständiger Abriss des Konzertgeschehens mit “Absurd”:

  • 28. Februar 2004 Auftritt in Abbendorf (Sachsen-Anhalt), u.a. mit “Totenburg” (Gera), “Eternity” (Nordhausen) und “Magog” (Pirna)
  • 11. Juni 2005 Auftritt im Osten der Schweiz, u.a. mit “Menegroth” (Schweiz), “Blessed in Sin” (Frankreich) und “Eschenberg” (Schweiz)
  • 1. Juli 2006 Auftritt in New York, u.a. mit “Grand Belial’s Key” (USA)
  • 25. August 2007 Auftritt in Rumänien, u.a. mit “Temnozer” (Russland)
  • 1. Februar 2008 Auftritt in Tampere (Finnland) mit “Satanic Warmaster” (Finnland) und “Der Stürmer” (Griechenland)
  • 7. Juni 2008 Auftritt in Belgien, u.a. mit “Der Stürmer” (Griechenland)
  • 6. März 2010 Auftritt in Italien, u.a. mit “Frangar” (Italien)
  • 20. Oktober 2012 Auftritt in Mailand (Italien) mit “Frangar” (Italien)
  • 16. Dezember 2017 Auftritt in Kiew (Ukraine), u.a. mit “Goatmoon” (Finnland), “Peste Noire” (Frankreich) und “Naer Mataron” (Griechenland)

Mehr dazu:

Hendrik Möbus, Sebastian Förster (geb. Schauseil), Ronald Möbus, Sven Zimper

Denis Schoner, Jens Fröhlich, Sebastian Rast, Thomas Kosmas

Hendrik Möbus, “Il Colonnello” und Christian Schöndorfer (Foto fightfascism.wordpress.com)