Stahlgewitter und Division Germania – Rechtsrock-Superstars in Personalnot?

“Division Germania”: Matthias Weßler, Philipp Neumann, Andreas Koroschetz

Unter dem zweideutigen Namen “White Xmas” wird seit Monaten die Werbetrommel für ein Rechtsrock-Konzert am heutigen 9. Dezember 2017 gerührt. Neben “Deutsch Stolz Treue” (Berlin), “Blutzeugen” (Raum Dresden) und “Confident of Victory” (Senftenberg) wird auch die Band “Division Germania” angekündigt. Der letzten Band werden wir uns auch aus diesem Anlass heute annehmen.

Ursprünglich als Soloprojekt angedacht, wurde “Division Germania” von dem 1983 geborenen Andreas Koroschetz aus Mönchengladbach um das Jahr 2000 herum ins Leben gerufen. Dieser ist Vollmitglied der Neonazi-Bruderschaft der “Hammerskins” und trat zur Bundestagswahl 2005 in seiner nordrhein-westfälischen Heimatstadt für die NPD an.

Am Schlagzeug bei “DG” sitzt der aus Hamm stammende Patrick Gerstenberger, während Matthias Weßler aus dem Rhein-Kreis Neuss den Bass spielt. Mit beiden war Koroschetz schon bei der Nazipunk-Band “Rotte Charlotte” aktiv. Gerstenberger gehört außerdem seit geraumer Zeit den Rechtsrock-Band “Smart Violence” und “Sturmwehr” an.

Seit mindestens zwei Jahren spielt Philipp “Phil” Neumann als Gitarrist bei “Division Germania”. Neumann ist auch Sänger und Gitarrist der Naziband “Flak”. Die Besetzung der zweiten Gitarre hingegen ändert sich ständig. Auf dem “Hammerfest 2015” der italienischen “Hammerskins”-Sektion wurde die Stelle von Mirko Szydlowki alias “Liedermacher Barny” besetzt, während beim “Rock gegen Überfremdung” im Juli 2017 Martin Böhne aus Hamm auf der Bühne stand.

Die Neonazi-Musiker Koroschetz, Weßler, Neumann und Gerstenberger gehören derzeit auch zur Live-Besetzung der 1996 gegründeten rechten Kultband “Stahlgewitter”. Deren Sänger ist der aus Meppen (Niedersachsen) stammende Daniel “Gigi” Giese. Studio- und Gründungsmitglied von “Stahlgewitter” ist der bekannte Neonazi Frank Krämer. Er wirkt auch bei der rechten Neofolk-Band “Halgadom” mit, betreibt den rechten Versand “Sonnenkreuz” und veröffentlicht seit einiger Zeit als “Der dritte Blickwinkel” Videos auf YouTube.

Daniel Giese ist außerdem als Sänger der Bands “Gigi & die braunen Stadtmusikanten” und “In Tyrannos” bekannt. Seine unverwechselbare Stimme taucht ebenso bei der konspirativ agierenden Nazi-Band “Zillertaler Türkenjäger” und deren Nachfolgegruppe “Die lustigen Zillertaler” auf. In der vor menschenverachtenden Texten nur so strotzenden Band ist Michael “Lunikoff” Regener als Gastsänger zu finden. Regener stand sowohl beim “Rocktoberfest” 2016 in Unterwasser (Schweiz) als auch beim “Rock gegen Überfremdung” im Juli 2017 in Themar (Thüringen) als Gastsänger von “Stahlgewitter” auf der Bühne.

Während “Stahlgewitter” 2016 in Unterwasser das erste Mal seit rund neun Jahren ein Konzert gaben und ihnen knapp 5000 Neonazis aus ganz Europa mit hundertfachen Hitlergrüßen huldigten, ist Daniel Gieses erstes Rechtsrock-Projekt “Saccara” zwar weiterhin ein Kassenschlager, aber seit Anfang der Zweitausender Jahre inaktiv. Der fast 50-jährige Giese gilt auch durch sein Mitwirken bei “Kahlkopf” als Kultfigur, ähnlich wie Michael “Lunikoff” Regener.

Für seine Tätigkeit bei “Zillertaler Türkenjäger” musste sich Giese vor 15 Jahren vor Gericht verantworten, was jedoch im Jahr 2005 mit einer Einstellung des Verfahrens endete. Auch als Kopf der Band “Gigi & die braunen Stadtmusikanten” und aufgrund deren Songs “Dönerkiller” und “Geschwür am After” stand Giese ab 2012 vor Gericht. Eine ursprüngliche Verurteilung zu einer auf Bewährung ausgesetzten Haftstrafe wegen Billigung von Straftaten und Volksverhetzung endete nach mehreren Instanzen im Jahr 2014 in einer Geldstrafe. Im Lied “Dönerkiller” hatte Giese die Mordserie des rechtsterroristischen “Nationalsozialischen Untergrunds” (NSU) verherrlicht. Da das Lied vor der im Jahr 2011 erfolgten Selbstenttarnung des NSU entstand, scheint es möglich, dass Giese von dem neonazistischen Hintergrund der Mordserie wusste. Denn bis 2011 hatten die Behörden vor allem in migrantischen Communities ermittelt, statt rassistische Mordmotive in Erwägung zu ziehen.

Ein unvollständiger Abriss des Konzertgeschehens, an dem die oben genannten Musiker mitwirkten:

  • 13. November 1998 Auftritt von “Stahlgewitter” in Schorba (Thüringen) vor etwa 1000 Neonazis, u.a. mit “Max Resist” (USA) und “Radikahl” (Thüringen). Organisiert wurde das Konzert von “Blood & Honour Brandenburg”.
  • 19. Mai 2001 Auftritt von “Stahlgewitter” in der Schweiz, u.a. mit “Archivum” (Ungarn) und “Neubeginn” (Nordsachsen)
  • 5. August 2006 Auftritt von “Gigi & die braunen Stadtmusikanten” auf dem “Deutsche Stimme Pressefest” der NPD in Dresden-Pappritz, u.a. mit “Fylgien” (Berlin) und “Carpe Diem” (Baden-Württemberg)
  • 7. April 2007 Auftritt von “Stahlgewitter” in Italien, u.a. mit “H8Machine” (USA) und “Armco” (Italien), organisiert von den “Veneto Fronte Skinheads” und dem “Fest der Völker” um den NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben
  • 20. Juni 2009 Auftritt von “Rotte Charlotte” in Belgien beim “Hammerfest” der “Hammerskin Nation”, u.a. mit “Bully Boys” (USA) und “Before the War” (Slowakei)
  • 12. September 2009 Auftritt von “Rotte Charlotte” auf dem “4. Fest der Völker” in Pößneck (Thüringen), u.a. mit “Eternal Bleeding” (Altenburg/Zwickau) und “Preserve White Aryans” (Estland)
  • 29. Oktober 2011 Auftritt von “Division Germania” und “Rotte Charlotte” zur 10-Jahres-Feier von “Blood & Honour Slovenia”
  • 28. September 2013 Auftritt von “Division Germania” beim “Ian Stuart Donaldson Memorial” in Schweden, u.a. mit “Alexandra & Barny” (Schweden/Deutschland), organisiert von den “Hammerskins/Crew 38 Schweden”
  • 18. Juni 2016 Auftritt von “Division Germania” auf dem “Hammerfest” der “Hammerskin Nation” in Frankreich, u.a. mit “Blindfolded” (Niederlande) und “Verszerzödes” (Ungarn)
  • 18. März 2017 Auftritt von “Division Germania” in Nonsard-Lamarche (Frankreich), u.a. mit “Blitzkrieg” (Chemnitz) und “Fortress” (Australien), organisiert von den “Hammerskins”

Links: Martin Böhne (Bart und Mütze), Andreas Koroschetz (Sonnenbrille) und Matthias Weßler (gelbes T-Shirt) beim Rudolf-Heß-Aufmarsch am 19. August 2017 in Berlin (Foto Recherche Nord). Rechts: Philipp Neumann (Foto flickr).

Andreas Koroschetz, Philipp Neumann, Michael Regener, unbekannt, Tommy Frenck und Daniel Giese in Frencks Gasthaus “Goldener Löwe” in Hildburghausen, 2017