Sachsenblut und Sachsonia – Can juh hier mei vois? We are se fucking bootbois!

“Sachsonia” 2016: Tobias Wirth, Manuel Turra, Udo Kaulfuß, Karsten Kaulfuß, Carsten Brück

So oder so ähnlich klingt die Darbietung englischsprachiger Texte der sächsischen Naziband “Sachsenblut”. Dazu rumpelige, eingängige Oi-Musik, vorgetragen von schwerst tätowierten Neonazis, die auf eine jahrelange Anbindung in die rechte Szene rund um Dresden blicken können. Die erste Gitarre bei der 2010 gegründeten Naziband spielt der in Freital (Sachsen) wohnhafte Sascha Neumann. Er ist auch Tätowierer im Freitaler Tattoo- und Piercingstudio “Schlachthaus”, welches als Anlaufpunkt für die lokale Neonazi-Szene dient.

Aufgrund entsprechender Embleme und Symbole auf der Kleidung ist Neumann dem Motorradclub “Gremium MC” zu zuordnen. Vor allem im Raum Dresden fiel der Club bereits kurz nach seiner Niederlassung in Sachsen 1999 durch brutale Überfälle auf. Beispielsweise im Jahr 2000, als zwölf Mitglieder des Dresdner “Gremium MC”-Ablegers in die Kleinstadt Döbeln einfielen, um das Clubheim des dort ansässigen “Highway Wolves MC” zu überfallen. Bei dem Angriff erschoss der Präsident des Dresdner “Gremium MC” den Chef des “Highway Wolves MC” mit einer abgesägten Schrotflinte. Wie in vielen anderen Fällen in Sachsen ist auch der Döbelner “Highway Wolves MC” kein unbeschriebenes Blatt, wenn es um Verbindungen in die Neonazi-Szene geht. In den Neunzigern konnten in seinem Clubhaus in Döbeln mehrfach Rechtsrock-Konzerte stattfinden, etwa im November 1999, als dort das Abschiedskonzert der Naziband “Die weissen Riesen” aus Riesa abgehalten werden konnte.

Sascha Neumann ist nicht nur bei “Sachsenblut” aktiv, sondern auch bei der um 2012 ins Leben gerufenen Naziband “Stahlwerk” aus Dresden. Auf ihrer ersten CD veröffentlichte die Gruppe u.a. das Lied “Tag X”, das unmissverständlich beschreibt, wie Neumann und seine Mitstreiter sich den Umgang mit dem politischen Gegner vorstellen: “Wir haben es satt, können es nicht verstehen, was ihr auch tut, um uns im Knast zu sehen. Es kommt die Zeit, da steht ihr an der Wand, es kommt die Zeit, da brennt das ganze Land!”

Bei “Sachsenblut” steht des Weiteren der Neonazi René Zimmermann an der Gitarre, der auch im wechselnden Line-Up der Chemnitzer Naziband “Verboten” zu finden ist. Zimmermann kommt aus Freiberg, wo er durch Übergriffe auf AntifaschistInnen bekannt wurde, und wohnt aktuell in Leipzig.

Der ebenfalls in Leipzig lebende Martin Rölle spielt bei “Sachsenblut” den Bass. Rölle ist darüber hinaus Mitglied der Leipziger Naziband “Thematik 25”. Die Gruppe gründete sich im Jahr 2008 und hat bisher erst eine Demo-CD veröffentlicht, tritt aber regelmäßig bei Nazikonzerten auf. Sie bekennt sich zum Nationalsozialismus und vertreibt Bandshirts mit Aufdrucken wie “100% NS, 0% BRD” oder “Rock Against Zionism”.

Am Schlagzeug bei “Thematik 25” sitzt Dennis Pätzold, die Gitarre spielt der wegen Körperverletzung und Volksverhetzung vorbestrafte Sebastian Klein. Klein musste sich 2016 vor dem Amtsgericht Leipzig verantworten, weil er einem Menschen, den er für einen Polen hielt, mit einem Teleskopschlagstock auf die Schläfe geschlagen hatte. Sänger von “Thematik 25” war bis vor wenigen Jahren der NPD-Politiker und Neonazi Jan Häntzschel. Nach dem Weggang von Häntzschel holte man offenbar gleich zwei neue Mitglieder in die Band: Denny Unfried, Schlagzeuger der Leipziger Naziband “Volksnah”, und Lothar Winkler.

Über einen größeren Kultstatus als “Sachsenblut” verfügt die Ende der Neunziger Jahre gegründete Band “Sachsonia”, die ebenso aus dem Raum Dresden stammt. Ihr wohl bekanntestes Lied “Amok” spricht eine deutliche Sprache. Gemeinsam mit Daniel “Gigi” Giese heißt es in der ersten Hälfe des Liedes: “Und plötzlich fallen Schüsse, Panik macht sich breit, Blut spritzt nach allen Seiten, es ist endlich soweit. Ich laufe Amok”. Am Ende des vor Gewaltfantasien gegen Staat, Antifa und Migranten nur so strotzenden Songs erklärt “Sachsonia”, dass es sich “nur” um eine Traumvorstellung gehandelt habe: “Endlich erlöst von diesem Traum, denn so was darf nicht sein, das würde ich mir im Leben nicht trauen, zu sinnloser Gewalt sage ich Nein.” Die rechte Hörerschaft versteht dennoch die Botschaft der Dresdner Band, die durch die letzten, ironisch dargebotenen Zeilen schließlich einzig und allein eine Indizierung verhindert.

Als Sänger von “Sachsonia” fungiert der 1977 geborene Udo Kaulfuß, am Schlagzeug sitzt Karsten Kaulfuß, Jahrgang 1981. Karsten und Udo Kaulfuß waren in den vergangen Jahren immer wieder als Ordner bei Nazi-Aufmärschen tätig. Den Bass bei “Sachsonia” spielt Manuel Turra, während Carsten Brück an der Gitarre steht. Auch Maik Müller, ein bekannter Dresdner Kader der NPD-Jugendorganisation “Junge Nationaldemokraten” (JN), war vorübergehend bei “Sachsonia” als Gitarrist tätig. Gemeinsam mit Karsten Kaulfuß spielte Müller auch bei der Naziband “Priorität 18”, die als Haus-und-Hof-Band der verbotenen Kameradschaft “Skinheads Sächsische Schweiz” galt. Als Ersatz für Müller sprang bei Auftritten von “Sachsonia” in den letzten Jahren der umtriebige bayrische Neonazi Tobias Wirth ein.

Ein unvollständiger Abriss des Konzertgeschehens, an dem die oben genannten Musiker mitwirkten:

  • 12. November 1999 Auftritt von “Sachsonia” in Dresden, u.a. mit “Sturm & Drang” (Senftenberg) und “Gnadenlos” (Sachsen)
  • 13. November 1999 Auftritt von “Sachsonia” bei Ottendorf-Okrilla (Sachsen), u.a. mit “14 Nothelfer” (Pirna) und “Sachsenfront” (Pirna)
  • 4. August 2007 Auftritt von “Sachsonia” auf dem “JN-Sachsentag” in Dresden-Pappritz, u.a. mit “Frontalkraft” (Cottbus), “Viking” (Italien) und “Prussian Blue” (USA)
  • 16. Februar 2008 Auftritt von “Sachsonia” in Frankreich, u.a. mit “Lemovice” (Frankreich), organisiert von “Blood & Honour”
  • 8. November 2008 Auftritt von “Thematik 25” in der Kamenzer Straße 10/12 in Leipzig, u.a. mit “Fight Tonight”, “Nordglanz” und “Painful Life”
  • 17. Juli 2010 Auftritt von “Sachsonia” in Italien, u.a. mit “Moshpit” (Dresden) und “Projekt Vandal” (Slowakei), organisiert von den “Veneto Fronte Skinheads”
  • 24. Juli 2010 Auftritt von “Sachsenblut” im Erzgebirge (Sachsen), u.a. mit “Ohne Worte” (Zwickau) und “Donars Groll” (Wilthen)
  • 6. November 2010 Auftritt von “Sachsonia” in Colditz (Sachsen), u.a. mit “Donars Groll” (Wilthen), “Natural Born Haters” (Neu-Ulm) und “Sleipnir”
  • 17. Dezember 2011 Auftritt von “Sachsenblut” in Torgau, Ortsteil Staupitz (Sachsen), u.a. mit “Last Riot” und “Wolfsgarde” (beide Sachsen-Anhalt)
  • 29. September 2012 Auftritt von “Sachsonia” im “Deutsche Stimme”-Verlag der NPD in Riesa (Sachsen), u.a. mit “Die Lunikoff Verschwörung” (Berlin) und “Exzess” (Brandenburg)
  • 8. Juni 2013 Auftritt von “Sachsenblut” auf dem “JN-Sachsentag”, u.a. mit “Die Lunikoff Verschwörung” (Berlin) und “Burn Down” (Potsdam)
  • 16. November 2013 Auftritt von “Sachsonia” im “Rössle” in Rheinmünster-Söllingen (Baden-Würtemberg), u.a. mit “Die Lunikoff Verschwörung” anlässlich des 60. Geburtstags von Siegfried Borchardt, genannt “SS-Siggi”
  • 8. August 2015 Auftritt von “Sachsonia” in Baden-Württemberg, u.a. mit “12 Golden Years” (Thüringen), anlässlich der Zehn-Jahres-Feier der “Kameradschaft Heidnischer Sturm Pforzheim”
  • 11. Juni 2016 Auftritt von “Sachsenblut” beim “11. Thüringentag” der NPD in Sömmerda, u.a. mit “Mortuary” (Sachsen-Anhalt) und “Makss Damage” (NRW)
  • 17. Juni 2017 Auftritt von “Sachsenblut”, “Thematik 25” und “Volksnah” in “Mitteldeutschland”
  • 1.-4. September 2016 Auftritt von “Sachsonia” in Italien, u.a. mit “Stigger” (England) und “Mistreat” (Finnland)
  • 23. September 2017 Auftritt von “Sachsenblut”, “Stahlwerk” und “Thematik 25” in der Tschechischen Republik
  • 9. September 2017 Auftritt von “Sachsenblut” in Schweden, zusammen mit “Sturmwehr” und “Faust”

Mehr dazu:

“Sachsenblut” 2016: oben René Zimmermann und Sascha Neumann, unten Martin Rölle und der bislang nicht identifizierte Sänger (Fotos flickr, flickr)

Links “Thematik 25” in Originalbesetzung: Sebastian Klein, Martin Rölle, Jan Häntzschel, Dennis Pätzold. Rechts Sebastian Klein (mit Hakenkreuz-Tattoo am Arm) und Martin Rölle.